Ja, kein Mensch auf Erden ist so sündig wie ein Christ; denn er fühlt seine Sünden mehr als sonst ein Mensch. Es gibt keine so große Sünderin als die christliche Kirche.
Soviel du glaubst, soviel bist du Christus gleich. Dennoch bleibt in dem alten Sack das alte Bild: ich fühle die Sünde und den Tod; Schand und Schmach und Herzeleid vor Gott und der Welt ist vorhanden, aber es geht allein ins Fleisch und hört da auf, wo der Glaube angeht. Du bist mit Christus eins und mit ihm auferstanden.
Aber des Schächers Kunst ist: Ich bin ein Sünder, sei mir Sünder gnädig! Ich hänge dirs an den Hals. Wenn wir das nicht lernen, werden wir niemals wissen, was Christus ist. Drum lerne die Kunst des Schächers und dünke sich niemand so stolz, daß er sie schon könne. Wir wollen Perms und allen Aposteln Trotz bieten: sie haben diese Kurist noch nicht gekonnt. Der Schächer ist vor ihnen ein Doktor und ein Christ geworden.
Aber das ist ja Blindheit, sprechen, Christus sei der Heiland, und gleichzeitig sagen: »Christus allein tut’s nicht, ich kann auch solch Leben führen.« Laß sie’s führen, du aber hange an Christus und wisse: was außer Christus ist, ist Finsternis. Und wären’s auch die besten Gesetze des Kaisers, die gewißlich Gottes Ordnung sind, so ist’s doch alles Finsternis. Eine Kuh muß ihr Stroh haben, das ist ihr Gesetz. Aber dennoch wird sie dadurch nicht Kind und Tochter im Haus, sondern bleibt eine Kuh. Desgleichen auch hier. Und wenn ich alle Gebote des Kaisers hielte, so bin undwerdich drum doch nicht Gottes liebes Kind.
Wenn ich in den Dreck falle, so sehen meine Augen die Sonne wohl nicht. Aber dennoch bleibt die Sonne, und wenn ich mir die Augen auswasche, seh ich sie wieder. Und wenn ich in den Keller gehe, so bleibt die Sonne auch, ich bin ihr nur davongegangen; wenn ich wieder herauskomme, so finde ich sie wieder. So ist die Taufe ein ewig Ding und bricht dir nicht.
So sind auch die Eltern ihren Kindern, Frau und Herr in der Familie Heilande und heißen auch in der Schrift also, besonders im Richter-Buch (z.B. 3, 9.15). Aber es sind geringe Heilande und keiner hat die Kraft, daß er ein Heiland von Sünden wäre. Wer sich nu dieses Kindes mit Ernst annehmen und es seinen Helfer sein lassen will, der sehe es an, nicht als einen, der sonderlich in diesem Leben, sondern als einen, der von Sünden und, was den Sünden folget, von Tod, Hölle und Teufel hülfe.