Da siehest du, wie Gott mit der hohen heiligen Person der Mutter seines Sohns handelt. Obwohl sie aufs höchste von ihm geehrt ist und ihre Freude an dem Sohn über die Maßen groß gewesen ist, wie sie nie eine Mutter gehabt hat, so greift Gott sie dennoch so an und muß sie Ruhm und Trost so sehr verlieren, daß sie nu nicht mehr kann sagen: ich bin des Sohnes Mutter.
So hat er auch mit seiner lieben Mutter gehandelt, so daß sie auch hat müssen erfahren und lernen, wie er seine Heiligen wunderbarlich regieret. Die Evangelien zeigen genugsam, daß Gott sie gar selten hat·sehen und erfahren lassen, was herrlich, köstlich und fröhlich ist. Zum größten Teil hat sie lauter Leiden und Angst erfahren müssen, wie ihr der heilige alte Simeon zuvor geweissagt hatte, zum Vorbild der ganzen Christenheit.
Welche aber nicht von sich selbst herkommen, sondern herzu gebracht werden, wie Christus heißt die Kindlein herzu bringen, deren Glauben befiehl dem, der sie heißt herzu bringen, und taufe sie auf dessen Befehl und sprich: »Herr, du bringst sie her und heißt sie taufen, so wirst du wohl für sie antworten; da verlaß ich mich auf; ich darf sie nicht wegtreiben noch ihnen wehren; haben sie das Wort nicht gehört, dadurch der Glaube kommt, wie es die Alten hören, so hören sie es aber wie die jungen Kindlein.«
Aufs erste müssen wir den Grund lassen fest und gewiß sein, daß niemand selig wird durch anderer Glauben oder Gerechtigkeit, sondern durch seinen eigenen; wiederum niemand verdammt wird um eines anderen Unglaubens oder Sünde, sondern um seines eignen Unglaubens willen, wie das Evangelium hell und klar sagt Marc.16, 16: »Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig, wer aber nicht glaubet, der wird verdammt«; und Röm. 1, 17: »Der Gerechte wird seines Glaubens leben«; und Joh. 3, 16. 18: »Wer an ihn glaubet, wird nicht verloren werden, sondern hat das ewige Leben.«
Darum bittet der Glaube also, daß ers alles heimstellt dem gnädigen Willen Gottes, obs zu seiner Ehre und unserm Nutz diene, zweifelt nicht daran, Gott werde es geben, oder, so es nicht zu geben ist, daß sein göttlicher Wille aus großer Gnade dasselbige nicht gebe, darum daß er sieht, es sei besser ungegeben.
Das ist es, das ich nun oft gesagt habe, wie der Glaube mache uns zu Herren, die Liebe zu Knechten; ja, durch den Glauben werden wir Götter und theilhaftig göttlicher Natur und Namen, wie Ps. 82, 6. spricht: Ich habe wohl gesagt, ihr seid Götter, und allesamt Kinder des Allerhöchsten. Aber durch die Liebe werden wir den Allerärmsten gleich. Nach dem Glauben dürfen wir nichts und haben volle Genüge; nach der Liebe dienen wir jedermann.
Weil denn nun der Ehestand den Grund und Trost hat, daß er von Gott gestiftet und Gott ihn lieb hat, und Christus ihn selbst so ehrt und tröstet, sollte er billig jedermann lieb und werth sein, und das Herz guter Dinge sein, daß es gewiß ist des Standes, den Gott lieb hat, und fröhlich leiden alles, was darin schwer ist, und wenns noch zehnmal schwerer wäre.
Nun, warum läßt Gott solches seinen Liebsten widerfahren? Freilich nicht ohne Ursache, und geschieht ja nicht aus Zorn oder Ungnade, sondern aus großer Gnade und Güte; damit uns zu zeigen, wie er es in allen Stücken freundlich und väterlich mit uns meine, und wie treulich er für die seinen sorgt und sie also regiert, daß sich ihr Glaube immer je mehr und mehr übe und je stärker und stärker werde.
Siehe, also kann Gott mit seinen Heiligen handeln, daß er ihnen ihre Freude und ihren Trost nimmt, wann er will, und eben damit ihnen höchsten Schrecken macht, von dem sie ihre höchste Freude haben. Desgleichen kann er wiederum von dem die größte Freude geben, das uns am meisten erschrecket.
Denn das ist der Menschen Weisheit, daß sie nichts andres siehet, nach nichts andrem trachtet und begehrt, als was ehrenvoll, hoch und köstlich ist, und wiederum nichts mehr scheut und flieht als Unehre, Verachtung, Leiden und Elend. So kehrets Gott gerade um und treibt das Widerspiel, geht nach menschlichem Verstand und Ansehen mit seinem allerliebsten Sohn so unfreundlich und ärgerlich um als mit keinem Menschen auf Erden, als wär er nicht Gottes oder eines Menschen, sondern des Teufels eigen Kind.
Es bleibet auch in den höchsten Leuten noch viel Schwachheit und Unwissenheit, so daß man über Lehre und Glaubenssachen nicht nach der persönlichen Heiligkeit beurteilen kann, was aus dem Heiligen Geist sei. Denn das kann alles fehlen. Hierher, da Gottes Wort ist, mußt du kommen. Das ist gewiß und fehlet nicht. Da findest du Christus und den Heiligen Geist gewißlich und kannst darauf bestehen und bleiben gegen Sünde, Tod und Hölle.
Wenn uns Gott einen feinen Glauben gegeben hat und wir daher gehen in starker Zuversicht, durch Christus einen gnädigen Gott zu haben, da sind wir im Paradies.