Wir wollen satt sein und von allen Dingen genug haben, ehe der Hunger und die Notdurft kommt, und versorgen uns mit Vorrat auf zukünftigen Hunger und zukünftige Notdurft, damit wir Gottes und seiner Werke ja nimmer bedürfen. Was ist das für ein Glaub, wenn man Gott trauet und fühlet und weiß indessen Vorrat, wie man sich helfen kann?
Wiederum, was hindert’s die heiligen Väter Abraham, Isaak und Jakob, daß sie reich waren? Was hindert David sein Königstuhl, Daniel seine Gewalt zu Babylonien? Was hindert’s alle, die in hohem Stand oder großem Reichtum waren und noch sind, wenn ihr Herz nichts drauf gibt und nicht das Seine dabei sucht? Salomo spricht Proverb.16 (Spr. 16, 2): »Gott wägt die Geister«, d.h. er richtet nicht nach dem äußerlichen Ansehen und den Formen, darnach, ob sie reich, arm, hoch, niedrig seien, sondern nach dem Geist, wie der sich darin halte.
Und wie er die tröstet, die da Unrecht und Schand haben müssen um ihres Rechts, ihrer Wahrheit und ihres Wortes willen, also tröstet er auch, die da Schaden und Übel leiden müssen. Und soviel er diese tröstet, so viel erschreckt er jene. Das muß, aber auch alles im Glauben erkennet und ausgewartet sein.
Das sind die giftigsten, schädlichsten Menschen auf Erden. Es ist eine bis in den Herzensgrund tiefe teuflische Hoffart, für die kein Rat mehr ist. Denn sie hören nicht; was man sagt, geht sie nicht an. Sie meinen, es treffe nur die armen Sünder, die gehe solche Lehre an, sie bedürften’s nicht. Johannes nennet sie Schlangengezücht (Lk. 3, 7), Christus auch (Matth. 23, 33).
Recht ist ein gut Ding und Gabe Gottes. Wer zweifelt daran? Gottes Wort spricht selbst, Recht sei gut. Und soll ja niemand bekennen, daß seine gute und rechte Sach unrecht oder böse sei, sondern soll eher drüber sterben und alles, was nicht Gott ist, fahren lassen; denn sonst wär Gott und sein Wort verleugnet, der da sagt, Recht sei gut und nicht böse.
Es sind viel hochvernünftige Menschen und Philosophen damit umgegangen, daß sie gern gewußt hätten, was doch Gott wäre. Sie haben viel von ihm geschrieben, der eine so, der andre so, aber sind alle drüber verblendet worden und haben den rechten Blick nicht ersehen. Und ist fürwahr das Größte im Himmel und auf Erden, daß man Gott recht erkenne, wenn’s jemand zuteil werden kann.
Maria will nicht eine Abgöttin sein. Sie tut nichts, Gott tut alle Ding. Anrufen soll man sie, daß Gott durch ihren Willen gebe und tu, was wir bitten. Also sind auch alle andern Heiligen anzurufen, daß das Werk ja ganz allein Gott bleibe.
Die wahren Demütigen sehen nicht auf die Folge der Demut, sondern mit einfältigem Herzen sehen sie auf die geringen Dinge, gehn gern damit um und werden selbst nimmermehr gewahr, daß sie demütig sind.
In dieser Figur ist ein Christenmensch abgemalet. Sein Geist ist das Allerheiligste, Gottes Wohnung im finstern Glauben ohn Licht; denn er glaubt, was er nicht siehet noch fühlet noch begreifet. Sein Seel ist das Heilige, da sind sieben Lichter d.h. allerlei Verstand, Unterschied, Wissen und Erkenntnis der leiblichen, sichtlichen Dinge. Sein Körper ist der Hof, der ist jedermann offenbar, daß man sehen kann, was er tut und wie er lebt.
Und ist die Vernunft hie das Licht in diesem Hause. Und wo der Geist nicht mit dem Glauben als mit einem höhern Licht es erleuchtet und dies Licht der Vernunft allein regiert, da kann die Seele nimmer ohn Irrtum sein. Denn sie ist zu gering, in göttlichen Dingen zu handeln. Diesen zwei Stücken eignet die Schrift viel Dings zu wie Weisheit und Erkenntnis: die Weisheit dem Geist, die Erkenntnis der Seelen, darnach auch Haß, Liebe, Lust, Greuel und desgleichen.
Denn es ist kein Menschenwerk, Gott mit Freuden loben. Es ist mehr ein fröhlich Leiden und allein ein Gotteswerk, daß sich mit Worten nicht lehren, sondern nur durch eigne Erfahrung kennen lässet.
Es kann ja niemand Gott loben, er hab ihn denn zuvor lieb. So kann ihn auch niemand lieben, er sei ihm denn aufs lieblichst und allerbest bekannt. Er kann aber nicht also bekannt werden außer durch seine Werk, in uns erzeigt, erfahren und gefühlet. Wo aber erfahren wird, wie er ein solcher Gott ist, der in die Tiefe siehet und nur hilft den Armen, Verachteten, Elenden, Jämmerlichen, Verlassenen und denen, die gar nichts sind, da wird er so herzlich lieb, da geht das Herz über vor Freuden, hüpft und springt vor großem Wohlgefallen, den es in Gott empfangen. Und da ist dann der Heilig Geist, der hat solch überschwänglich Kunst und Lust in einem Augenblick in der Erfahrung gelehret.
Denn gleichwie er im Anfang aller Creaturen die Welt aus nichts schuf, davon er Schöpfer und allmächtig heißt, so bleibt er darin, so zu wirken, unverwandelt und sind auch jetzt noch all seine Werke bis ans Ende der Welt so geartet, daß er aus dem, was nichts, gering, verachtet, elend, tot ist, etwas, Köstlichs, Ehrlichs, Seligs und Lebendigs macht, und wiederum alles, was etwas, köstlich, ehrlich, selig und lebendig ist, zu nichts, gering, veracht, elend und sterbend macht.