Darum soll dies gleich werden und seine Wohnung nicht verstanden werden nach seiner menschlichen Natur. Denn nach derselbigen ist er gleich worden den Menschen durch seine Geburt von Marien, daselbst ist er in die menschliche Natur kommen und den Menschen nach der Natur gleich worden; sondern es soll verstanden werden nach seinem äußerlichen Wesen und Wandel, daß er Essen, Trinken, Schlafen, Wachen, Arbeit, Ruhe, Haus und Stadt, Gehen und Stehen, Kleid und Gewand, und allen menschlichen Wandel und Geberden auch geführt habe, daß ihn niemand hätte mögen für einen Gott erkennen, wo er nicht durch Johannes und das Evangelium verkündigt wäre.
Und das Bereiten heißt hier, den Weg zurichten, daß aus dem Wege gethan werde, was den Gang des Herrn hindern mag; gleichwie auch noch eines Herrn Knecht vor dem Angesicht seines Herrn Holz, Steine, Leute und alles, was im Wege stände, beiseit thäte. Was ist aber Christo im Wege gelegen, das Johannes sollte beiseite thun? Ohne Zweifel die Sünde, vielmehr aber die guten Werke der hoffährtigen Heiligen, das ist, er solle zu erkennen geben jedermann, daß aller Menschen Werk und Wesen Sünde und Verderben, und Christi Gnade bedürftig sei. Wer das weiß und erkennt gründlich, der ist in sich selbst gedemüthigt und hat Christo den Weg fein zubereitet; davon wir im nächstkünftigen Evangelium wollen weiter handeln. Jetzt ists Zeit, dies Evangelium auch uns nütz zu machen.
Möchtest du aber sagen: »Sind doch in den Evangelien und Episteln Pauli viel Gesetze; wiederum, in Mosis und der Propheten Büchern viel Zusagungen Gottes?« Antwort: »Es ist kein Buch in der Bibel, darin sie nicht beiderlei sind, Gott hat sie allewege beieinander gesetzt, beide Gesetz und Zusagung; denn er lehrt durchs Gesetz, was zu thun ist, und durch die Zusagung, wo mans nehmen soll.«
Darum ist zu merken, daß Lehren auch ein Werk ist, ja, das vornehmste Werk Christi; denn hier unter seinen Werken erzählt er auch, daß den Armen das Evangelium, gepredigt wird. Darum, gleichwie die Tyrannen an den Werken; also auch an der Lehre zu erkennen sind. Wo Christus ist, da wird das Evangelium gewißlich gepredigt; wo es niht gepredigt wird, da ist Christus nicht.
Und er sagte ihnen ein Gleichniß: »Sehet an den Feigenbaum und alle Bäume, wenn sie jetzt ausschlagen, so sehet ihrs an ihnen, und merket, daß jetzt der Sommer nahe ist. Also auch ihr; wenn ihr dies alles sehet angehen, so wisset, daß das Reich Gottes nahe ist.« Eitel Trostworte sind das. Er gibt nicht ein Gleichniß vom Herbst oder Winter, da alle Bäume kahl werden und betrübte Zeit angeht; sondern von dem Lenz und Sommer, das eine fröhliche, lustige Zeit ist, da sich alle Creaturen aufthun und fröhlich sind. Damit er je klärlich genug lehrt, daß wir uns des jüngsten Tages sollen mit solcher Lust und Begierde versehen und trösten, als sich alle Creaturen auf den Lenz oder Sommer freuen. Was sollte sonst dies. Gleichniß, wo er das nicht wollte und darin lehren? Er hätte wohl ein anderes gefunden, da solche Lust und Freude nicht ist.
Dazu stimmt das Wörtlein ›Bethphage‹, welches auf Deutsch, als etliche sagen, heißt, Mundhaus; denn Paulus Röm. 1, 2 spricht: »Das Evangelium sei zuvor in der heiligen Schrift verheißen; aber es ward nicht mündlich und öffentlich gepredigr, bis daß Christus kam und sandte die Apostel aus. Darum ist die Kirche ein Mundhaus, nicht ein Federhaus; denn seit Christi Zukunft ist das Evangelium mündlich gepredigt, das zuvor schriftlich in den Büchern verborgen lag.«
Darum lerne hier aus dem Evangelium; wie es zugeht, wenn Gott anfängt uns fromm zu machen, und welches der Anfang sei fromm zu werden. Es ist kein anderer Anfang, denn daß dein König zu dir komme und fange in dir an. Das geht also zu: das Evangelium muß das Allererste sein, das muß gepredigt und gehört werden; in demselbigen hörst du und lernst, wie dein Ding vor Gott nichts sei, und alles Sünde sei, was du thust oder anfängst; sondern dein König müsse in dir zuvor sein und regieren.
Darum höre, wie Christus gute Werke deutet, Matth. 7, 12: »Was ihr wollt, daß euch die Leute thun sollen, dasselbige thut ihr auch ihnen, das ist das Gesetz und die Propheten.« Hörst du hier, was der Inhalt sei des ganzen Gesetzes und aller Propheten? Nicht sollst du Gutes thun Gott und seinen Heiligen, sie dürfens nicht; viel weniger dem Holz und Stein, welchen es nicht nütz noch noth ist:sondern den Leuten, den Leuten, den Leuten. Hörst du nicht? den Leuten sollst du thun alles, was du wolltest dir gethan haben.